Das meint dieBundesländerbeauftragte (http://www.bundesauslaenderbeauftragte.de/integration.html) zum Thema Integration:
„In einem allgemeinen Verständnis bedeutet Integration die Eingliederung in ein Ganzes, die Herstellung einer Einheit aus einzelnen Elementen oder die Fähigkeit einer Einheit, den Zusammenhalt der Teilelemente auf Grundlage gemeinsamer Werte und Normen zu erhalten. … Bezogen auf das soziale Zusammenleben bedeutet Integration, dass kulturell und anderweitig verschiedene Personen und Gruppen einer Gesellschaft gleichberechtigt zusammenleben. In diesem Zusammenhang hat Integrationspolitik die Aufgabe, Rahmen für Integration zu schaffen, d.h. Fragen der rechtlichen Gleichbehandlung anzugehen, den Abbau von Diskriminierung voranzubringen, gegenseitige Akzeptanz und Anerkennung zu fördern und zu unterstützen. …“
Unsere Gesellschaft soll die Zuwanderer akzeptieren, tolerieren, Zugang zur Bildung ermöglichen und somit gesellschaftliche Chancen eröffnen. … Im Gegenzug dazu müssen die Migranten sich einfügen, gesellschaftliche Normen und Werte akzeptieren und die Landessprache erlernen. Dies soll dazu beitragen, ein persönliches Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln bzw. sich als Teil der Gesellschaft zu sehen.
In der Praxis habe ich mit Flüchtlingskindern aus verschiedenen Ländern zu tun. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell Kinder es schaffen, unsere Sprache zu erlernen. Anfangs gehen sie in Intensivklassen, doch sobald die Sprache eingermaßen sitzt, gehen sie ganz normal zur Schule. Allerdings werden sie manchmal in Klassen eingestuft, die ein bis zwei Jahre unter ihrem Altersschnitt liegen. Das ist sinnvoll gedacht, weil es mit der Sprache noch etwas hapert und der Unterrichtsstoff der vorherigen Schulen nicht bekannt ist. Manche Kinder, die bereits in der Pubertät sind, sind mitunter mit Grundschulkindern in einer Klasse. Die Interessen könnten unterschiedlicher nicht sein, so ist es schwierig mit der gegenseitigen Annäherung.
Da es eine große Anzahl an geflüchteten Familien gibt, sind in Schulen und Kindertagesstätten momentan viele Kinder, die die arabische Sprache sprechen. Die Religion ist meist muslimisch. Das Bildungsniveau ist sehr unterschiedlich; von akademisch, mittelständig oder bildungsfern, ist alles vertreten.
Im Alltag ist es nicht immer leicht, mit den Herausforderungen, die die unterschiedlichen Kulturen mit sich bringen, klarzukommen. Wenn Kinder neu in der Einrichtung sind, bekommen sie normalerweise eine Eingewöhnung, was allerdings aufgrund der Sprachhürde etwas schwierig ist.
Da die Mehrzahl der Migrantenkinder arabisch spricht, bilden sich Cliquen, aus rein diesen Kindern. Das ist sehr verständlich, wegen der Sprache, der Religion und Kultur und dem, was die Kinder bereits erlebt haben. Sie spielen, basteln, malen zusammen oder die Jungs spielen Fußball. Leider nur untereinander. So kommt es bereits zu Rivalitäten zwischen ihnen und den „Einheimischen“. Sie treten in Konkurrenz miteinander und es kommt zu fremdenfeindlichen Äußerungen auf beiden Seiten.
Unser Job ist es, vermittelnd einzutreten, Grenzen zu setzen und klare Regeln aufzustellen, z.B.: auf dem Fußballplatz gibt es „gemischte“ Gruppen.
Das Wichtigste ist jedoch die Kommunikation:
- Vermitteln, dass Deutsch das Verständigungsmittel für alle ist.
- Gleichzeitig ist es wichtig, die eigene Sprache zu sprechen, das gibt Sicherheit.
- Heimische Regeln und Normen vermitteln.
- Erzählen lassen, wie man in den anderen Ländern lebt. Z.B. Wie ist es da in der Schule? Warum tragen manche Mädchen ein Kopftuch? Welche Regeln gibt es dort?
- Flüchtlingserfahrungen aufarbeiten, im Einzelgespräch oder in der Kleingruppe.
Um die Kinder gut zu integrieren, sollten wir auch bedenken und berücksichtigen, dass manche von ihnen traumatisiert sind. D.h. sie mussten lebensbedrohliche Erfahrungen machen, die bearbeitet werden sollten.
Je weiter der Spracherwerb der einzelnen fortschreitet, um so einfacher wird die Verständigung; manche Kinder sprechen schon so gut deutsch, dass sie als Dolmetscher helfen können.
Angst vor dem Fremden, dem anderen, ist einer der Hauptgründe der Fremdenfeindlichkeit. Diese macht auch vor Kindern keinen Halt. Daher sind Gespräche zwischen allen Beteiligten das A und O. Am besten mit einer Brise Humor gewürzt. Beim Witzeerzählen und gegenseitigen Übersetzen haben wir uns schon vor Lachen gebogen, auch wenn wir manchmal nicht so recht wussten, warum man da lacht. Aber wir haben bemerkt, wir sind uns doch alle recht ähnlich: Wir machen gerne Quatsch, versuchen uns manchmal über Grenzen hinwegzusetzen oder spielen gut und gerne Fußball …
Für mich sind Kinder Kinder und Menschen sind Menschen. Schaut man erst einmal hinter die Kulissen, wird klar, dass wir alle doch sehr ähnlich ticken. Hinter für uns befremdliches Verhalten stehen Erfahrungen und Erlebnisse, die wir nur verstehen können, wenn wir kommunizieren. Wenn Kinder weinen, wenn sie die Sirene vom Feueralarm hören, können wir vielleicht ermessen, was sie vorher erlitten hatten. Wenn Jungs meinen, ihr Geburtsrecht sei es, Mädchen und Frauen zu drangsalieren, sollten wir das Wissen im Hinterkopf haben, dass sie in einer Männergesellschaft aufgewachsen sind. Natürlich müssen wir ihnen diesen Zahn ziehen, liebevoll und bestimmt. Wenn Mädchen ein Kopftuch tragen, ist das für sie eine Selbstverständlichkeit, ein Ausdruck ihrer Religiosität und ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft. Das gibt Sicherheit. Wir sehen darin vielleicht ein Zeichen der Unterdrückung von Frauen. Das ist aber unsere Sichtweise. Unser Grundgesetz sieht die Gleichberechtigung von Mann und Frau vor (zumindest auf dem Papier); unsere Aufgabe ist es, dies durch unser Verhalten vorzuleben.
Eine gute Integration gelingt, wenn wir klar sind in dem, was wir tun. Wir, als „KindergärtnerInnen“ legen Samen bei allen Kindern. Diese müssen gegossen und gehegt werden: Wir kommunizieren immer und immer wieder mit allen Seiten, erklären und klären, versuchen Rivaliäten abzubauen und Gemeinsamkeiten zu finden. Wir bieten Projekte und Gespräche an, die Möglichkeiten zur Annäherung schaffen. Wir leben Demokratie, lassen die Kinder mitentscheiden und abstimmen. Auch sollten wir auch uns selbst evaluieren:
- Wie weit leben wir selbst Demokratie?
- Wie sieht unser Frauenbild und Männerbild aus?
- Wie tolerant sind wir selbst?
- Was können wir lernen?
- Welche Ängste haben wir bei Fremden?
Eine Brücke zu bauen, die eine gegenseitige Verbindung schafft, die Resourcen jedes einzelnen Kindes, egal welcher Herkunft, zu erkennen und zu fördern, ist unser täglich Brot in der Pädagogik. Das, was wir im „Kleinen“ mit den Kindern erleben und lernen, könnten wir auch im „Großen“ also in der Gesellschaft, nutzen: Die Ressourcen jedes einzelnen Menschen individuell fördern um eine tolerante, vielfältige, angstfreie und freiheitliche Gesellschaft zu gestalten.