Moin aus Ostfriesland: Die Moore

Ostfriesland war lange Zeit durch einen breiten unwegsamen Moorgürtel vom restlichen Festland getrennt. Zu Schiff oder über Bohlenwege durchs Moor konnte man die Ostfriesen erreichen. Die Moorkolonisierung erstreckte sich über einen Zeitraum von mehreren hundert Jahren bis ins 20. Jahrhundert hinein. Hauptsächlich urbanisierte man die Moore (Fehne), indem Entwässerungskanäle geschaffen und Menschen entlang der Kanäle angesiedelt wurden. Meist waren die Siedler an eine Erbpacht gebunden, was zu Steuereinnahmen führte. Nach dem Aussterben des männlichen ostfriesischen Häuptlingsgeschlechts Cirksena, übernahmen 1744 die Preußen mit Friedrich dem Großen die Regentschaft. Dieser lockte die „Ausländer“ in das Gebiet um Moordorf, allerdings ohne eine Infrastruktur in Form von Fehnkanälen zu schaffen. Außerdem verteilte er das Land in zu kleine Pachtgrundstücke, so dass deren Besitzer kaum damit überleben konnten.

Im Moormuseum Moordorf wird sehr anschaulich über das harte Leben der Torfstecher berichtet.
In kleinen Lehmhäusern wohnten Familien mit ihren Kindern. Oben sieht man die Arbeitsgeräte der Moorbewohner.
Schäferhütte
Zog eine Familie ins Moor, kam sie zunächst in so einer mit Grassoden bedachten Hütte unter bis das eigene Lehmhaus fertig war.
Haus und Stall – alles unter einem Dach. Die Schlafstätten waren 120 bis 140 cm lang. Das Schlafen im Sitzen war üblich. Die älteren Kinder haben auf dem Boden gelegen.
Hier hatte die Familie einen gewissen Wohlstand erreicht.
Bauerngarten
Wollwäsche auf der Leine. Die Feuchtigkeit muss gut in die Knochen gegangen sein, Rheuma lässt grüßen. Unten sieht man eine Wagnerei.

Nachdem wir das Moordorf besichtigt hatten, fuhren wir zum „Ewigen Meer“, Deutschlands größtem Hochmoorsee. Es entstand nach der letzten Eiszeit, vor etwa 10000 Jahren, als Moorauge in einem Hochmoor. 

Zum See führt nur ein kurzes Stück Bohlenweg. Der frühere Rundweg ist gesperrt, da einige Bretter verrottet sind bzw. fehlen. Wir konnten nicht widerstehen und kletterten über die Absperrung und sind den ca. 2 km langen Rundweg trotzdem gelaufen. Er war nicht genormt sicher, allerdings empfanden wir ihn nicht als gefährlich.
Wenn man „verbotene Wege“ geht, muss man sich klar sein, dass man die Konsequenzen tragen muss, wenn etwas „passiert“. Allerdings sollte bewusst sein, dass wir immer die Verantwortung für unser Tun übernehmen müssen. Es ist ein aufregendes Wagnis, denn man sieht/erlebt Dinge, die auf ausgetretenen Pfaden verborgen bleiben.
Im Moor wächst nicht viel, weil das Milleu sehr sauer ist.

Warum ist das Moor so sauer? Der Grund besteht aus einer wasserundurchlässigen Lehmschicht. Ein Hochmoor kommt nicht mit Grundwasser in Berührung. Daher wachsen hier Torfmoose (Sphagnum-Arten), die nährstoffarmes Niederschlagswasser wie ein Schwamm speichern. Im unteren Bereich sterben sie durch zunehmenden Lichtabschluss ab. Die abgestorbenen Pflanzenteile der Moose werden nicht abgebaut und bilden, vereinfacht ausgedrückt, Torf. Die Torfmose geben an ihre Umgebung Gerbstoffe ab, die das Milieu säuern und konservierende Eigenschaften haben (siehe Moorleichen😳). Die unterste Torfschicht, das Schwarztorf, war früher begehrtes Brennmaterial, das obere Weißtorf wurde als Gartendünger verkauft. Die Lehmschicht wurde ausgegraben und für den Hausbau verwendet. Grub man dem Moor das Wasser ab, trocknete es aus und konnte als Land genutzt werden. Allerdings ist es immer noch nährstoffarm.

Auf dem Heimweg kamen wir an einigen Mühlen vorbei, die zum typischen Landschaftsbild Ostfrieslands gehören.

Andere, neue Wege zu gehen, manchmal auch verbotene, das ist Selbstbemächtigung. Entscheidend dabei ist die Übernahme von Verantwortung für das eigene Tun. Das beinhaltet eine bewusste Entscheidung mit der Option, dazuzugewinnen und manchmal zu verlieren. Das ging uns mit der „kleinen Grenzüberschreitung“ so. Ebenso ging es den Menschen damals so, als sie sich entschieden, dem Moor ein neues Leben abzuringen. Für Selbstbemächtigung braucht es Mut.