Altes loslassen

Die Vergangenheit loslassen heißt  nicht zu vergessen und zu begraben. Es heißt eher, das Erlebte liebevoll anzuschauen. Annehmen, dass das Vergangene zu unserer Entwicklung gehört.

Neues kann erwachsen, wenn wir durch das Alte nicht mehr blockert sind.

Am Ende des Prozesses ist es eine bewusste Entscheidung, alte, schädigende Konditionierungen abzulegen.

Wir dürfen uns für Veränderungen entscheiden, im eigenen Verhalten, in der Art, unser Leben zu leben, Beziehungen anders zu gestalten oder zu verabschieden.

Dazu passt auch mein Beitrag „Auf ein Neues“:

https://monika-rauch.com/2022/01/15/auf-ein-neues/

Selbstbemächtigung = Altes auf den Prüfstand stellen

Auf ein Neues!

Altes erstirbt

Alt ist, was gelebt hat und seine Bestimmung erfüllte.

Der ganze Kreislauf der Natur ist darauf ausgerichtet: Geboren werden, aufwachsen, lernen, leben, zur Welt bringen, leben, sterben. So ist das mit uns Menschen, den Tieren und den Pflanzen. Manche Leben dauern länger, manche kurz.

Neues entsteht – bis es reif ist und Samen auswirft

Nicht jeder Mensch/jedes Tier bekommt Kinder, nicht jede Pflanze wirft Samen. Und trotzdem werden Spuren hinterlassen, die weitergegeben werden: Etwas vom „Alten“ lebt weiter. Wir wirken, indem wir Ideen entwickeln, Kluges von uns geben oder nichts „Besonderes“ sind. Wir wirken positiv oder negativ. Alleine, indem wir „sind“, beeinflussen wir den Lauf der Welt. Das, was wir sind, sagen und tun, bewirkt, dass etwas aufgebaut oder zerstört, gehört oder überhört, gesehen oder übersehen wird.

So lebt das Alte im Neuen weiter.

Und immer wieder entsteht Neues. Nichts von dem Alten geht wirklich verloren. Es integriert sich und wird weiter entwickelt.

Genauso ist das mit der Zeit: Die Jahre vergehen und neue Zeiten liegen vor uns. Das Vergangene ist die Grundlage für die neue Zeit. Wir können die Erfahrungen nutzen, um es anders oder „besser“ zu machen. Oder wir ignorieren die Erfahrungen und leben immer wieder nach dem gleichen Schema. Auch das mag seinen Sinn haben.

Ein ewiger Reigen

Es geht immer so weiter, sozusagen als Endlosschleife – könnte man meinen. Der Reigen von „geboren werden, leben, sterben“ fungiert als Grundgerüst, aber er gewinnt an Dynamik: Der Kreis dreht sich schneller. Dabei leben wir bestimmt nicht in einer „Dauerschleife“. Schließlich haben wir die Möglichkeit, uns zu entwickeln. Dann ist der Reigen eher wie eine Spirale – nach oben offen. Bei einer Spirale kommt man in regelmäßigen Abständen an alten (wunden) Punkten vorbei und betrachtet sie von oben. Aus der „Vogelperspektive“ kann man manche Zusammenhänge besser erkennen.

Täglich wird geboren, gelebt und gestorben. Ganz „in Echt“ in unserer äußeren Welt. Selbst unsere Körperzellen ticken so, z.B. werden „tote Zellen“ produziert: Hornhaut schützt unsere Füße und Haare schützen den Kopf. In unserer „inneren Welt“ sammeln wir Erfahrungen und wachsen daran. Unsere Erfahrungen schützen uns, obwohl sie schon längst vorbei sind. Wenn wir gehen, bleibt unser Wirken im Kollektiv der Menschheit erhalten und trägt zur Entwicklung bei – wie tröstlich. Daher ist auch jeder wichtig und jeder trägt Verantwortung für sein Tun.

Jeden Tag dürfen wir neu entscheiden, welchen Beitrag wir leisten.

Selbstbemächtigung = sich seiner Wirkung bewusst sein.

Nebeltag

Es kostet schon etwas Überwindung, rauszugehen in den wabernden, kalten Nebel. Aber Hundi will raus und ich eigentlich auch.

Boden und Luft sind gesättigt. Jeder Schritt geht tief, feuchte Luft durchdringt meine Kleidung und erfrischt meine Lunge.

Wenn ich dann unterwegs bin, beruhigt mich die Natur. Sie hüllt mich ein und führt mich auf mich zurück. Der Hund schnüffelt und ich atme tief und beobachte die vielen Einzelheiten, die sich mir offenbaren. Es ist kalt, keine Sonne in Sicht. Und trotzdem, es ist gut, wie es ist. Ich lasse die Bilder auf mich wirken, die verblassenden Farben, das Verwelken und letztendlich das Sterben. Es fühlt sich richtig an, denn ich weiß ja, dass das Sterben auf zukünftiges Leben weist.

Im trüben Licht, an kahlen Zweigen, offenbaren sich bisher unentdeckte Schönheiten.

Ich lasse sogar die Kräuter stehen, denn die haben sich in sich zurückgezogen. Die meiste Kraft steckt jetzt in den Wurzeln. Wenn man das als Metapher nimmt, steckt da auch ganz viel Wahrheit für uns Menschen drin: Wenn wir als natürliche Wesen den Rückzug (und sogar das Sterben) akzeptieren, dann können wir im Frühjahr mit Kraft, die aus unseren Wurzeln kommt, neu starten.

Gedimmte Farben: gelb – grün – rot – braun

Ja, im Winter, ab November, sterben die mehr Menschen als zu anderen Jahreszeiten. In dieser Zeit schließt sich der Jahreskreis und wahrscheinlich kann man da am besten loslassen, wenn es denn Zeit ist, zu gehen.

Liegengeblieben unter den Bäumen. Nein, keine Verschwendung, sondern Nahrung für viele Tiere, Vögel und Insekten. Auch ein Kreislauf.

Im November wird in den christlichen Kirchen der Verstorbenen gedacht im Hinblick auf die Auferstehung. Hier, in unserem Kulturkreis, begeht man die Feste Allerseelen und Ewigkeitssonntag (Totensonntag). Bald darauf folgen die Advents- und die Weihnachtstage. Die Lichter erhellen die Dunkelheit.

Ein Nebeltag im November zeigt uns tatsächlich das Leben im Sterben. Licht dringt immer in die Dunkelheit – eine schöne Verheißung! Eine Tatsache, die wir religiös, spirituell oder naturwissenschaftlich betrachten können. Wir können uns dem hingeben und müssen nicht dagegen ankämpfen. Wie tröstlich!

Selbstbemächtigung = den Nebel als Freund annehmen.

Welcher Trigger beißt Dich?

Trigger sind die fiesen kleinen Monster, die Dich in Nullkommanix auf 180 bringen.

Kennst Du das? Du ärgerst Dich gewaltig und wenn einer was Falsches sagt, geht’s rund: Du wirst aktiv und machst ihn einen Kopf kürzer. Oder Du bist so verletzt, dass Du die Freundschaft aufkündigst, schreibst einen saftigen Kommentar auf Facebook oder es gibt Kloppe.

Momentan, in der Pandemie, flammen viele Aggressionen auf, besonders in den sozialen Netzwerken. Man könnte sie beinahe schon als asozial bezeichnen.

Corona, das Virus, wütet und bringt zutage, was schon lange gesehen werden will.

Es wütet nicht nur im Körper – es wütet auf der ganzen Welt und in uns drinnen.

Genauso, wie ein Virus seine Genetik in die Körperzellen einschleust und ganze DNA umbaut, bemächtigt es sich der Informationen, die wir in unserer Seele gespeichert haben und nistet sich ein. Die Seele möchte ihre „Schätze“, die alten Erlebnisse und Gefühle, nicht anrühren. Schlimme Geschichten, die wir manchmal mit uns rumschleppen. Oft ist das uns gar nicht bewusst! Man hat sich ja lange arrangiert mit dem Gefühlsmix.

Jetzt kommt dieser Schmarotzer und nagt an uns. Es geht um die negativen Emotionen, die in uns schlummern und immer mal zum Vorschein kommen, wenn wir gerade angetriggert* werden.

Das Wort Trigger* wird in der Trauma-Psychologie verwendet: Alte Gefühle von einschneidenden Erlebnissen werden durch Trigger freigesetzt. Diese lassen die Stresshormone im Körper hochfahren und es kommt zu Handlungen, die kaum beeinflussbar sind: Man gerät in Schockstarre, kann sich nicht rühren, oder man fängt an zu zittern, schreien, rennen, weinen, wüten …

Die Auslöser dafür, die Trigger, können Geräusche, Stimmungen, Gerüche, Aussehen/Stimmlage/Mimik Deines Gegenübers, bestimmte Redewendungen usw. sein.

Trigger sind Erinnerer an früher Erlebtes.

Das Virus ist in Aktion, es flasht uns. Wir haben Angst um unseren Job, vor finanziellen Einbußen und vor dem Tod. Wir sorgen uns. Das macht uns wütend, traurig, hilflos. Alte Gefühle kommen hoch und rollen über uns hinweg. Sie veranlassen uns, dass wir uns nicht mehr im Griff haben, ausrasten, austicken. Sie sind auch die Ursache für die Kommentare in den Netzwerken. Manchmal komplett unsachlich, beleidigend, sich ereifernd, nervend, foppend, lauernd, Schuld zuweisend usw. Auch die sogenannten „Hater“ und „Trolle“ sind angetriggert. Sie lassen ihren Frust ungebremst heraus.

Ein Troll kommt öfter mal hoch, vielleicht auch bei Dir? Kann es sein, dass Deine Wut ein „Flashback“ auf früher Erlebtes ist?

Das Virus polarisiert, d.h. es lockt aus der Deckung, es fordert auf, sich zu stellen. Wir sind da nicht allein, das passiert überall auf der Welt.

Könnte es sein, dass das Virus im übertragenen Sinn das Konglomerat sämtlicher unverdauter und unverarbeiteter Ängste und Traumata des gesamten Kollektives darstellt?

Sind wir gehalten, unser Verhalten zu überprüfen, Belastendes abzulegen und Vertrauen zu gewinnen? Sollen wir unterscheiden lernen, was wichtig oder unwichtig ist?

Führt uns die äußere Unfreiheit dahin, dass wir uns innerlich befreien?

Wir waren so busy, immer wichtig, auf dem Sprung, am PC, zogen uns Serien rein, shoppten, flogen durch die Welt, permanent beschäftigt. Größer, schneller, weiter… mehr und mehr.

Auf einmal stand für einen Moment die Zeit still. Wir waren locked down, out of order. Jetzt geht es wieder „normal“ weiter.

Es wird Zeit, etwas zu tun!

Schau Dir Deine Biografie an, forsche nach den Ursachen Deiner Wut, Traurigkeit und Unzufriedenheit. Schau‘ nach Deinen Beziehungen. Hast Du etwas zu verzeihen und solltest Du jemanden um Verzeihung bitten? Stelle Dich Deinen Ängsten. Überlege Dir, was Du gerne tun würdest und tu es. Lass den alten Kram bewusst los und schau‘ liebevoll auf Dich und Deine Mitmenschen.

Stell‘ Dir mal vor, die meisten Menschen dieser Erde würden positiv, mit Spaß und Liebe leben …

… dann würde eine völlig neue Zeit anbrechen.

Vielleicht können wir jetzt, mitten in „Corona“, damit anfangen?

Bleib‘ gesund und lass‘ Dich nicht beißen!