Mainpressionen

Am Main im November

Wenn ich es schaffe, gehe ich raus an die frische Luft. Besonders in der dunklen Jahreszeit hilft ein Spaziergang gegen trübe Gedanken, auch wenn die Sonne nicht scheint.

Die Tage war ich unten am Main und habe ein paar Eindrücke gesammelt:

Fluss des Lebens

Wie schön Du bist, Du Fluss des Lebens. 
Ruhig, tief und wild bist Du im Kern des Wesens.

Hier reißt Dein Strudel herunter, da plätscherst Du fröhlich und munter.

Dein Wasser trüb oder klar - in Dir lauert manchmal Gefahr.

Auch nährst Du Tiere und Pflanzen und Menschen am Ufer tanzen.

So tauch' ich ins Wasser und geb' mich dahin - Du Fluss des Lebens erweist mir Gewinn.



Selbstbemächtigung = Leben fließen lassen

Die Bilder sind in Maintal-Dörnigheim entstanden und die Texte entstammen meiner Feder.

Spätherbst-Gedichte

Einfach herrlich! Kennt Ihr das Gefühl, wenn man durch Wiesen und Felder läuft? Ich möchte mich ganz mit der Natur verbinden und habe das Gefühl, mich jetzt auf die Erde legen zu müssen. Mach‘ ich aber nicht. Warum eigentlich?

Blätter rascheln unter meinem Gewicht und Wind fegt frisch in mein Gesicht.

Ein kurzer Sonnenstrahl erhellt des Himmels Blau.
Ich knie mich hin, bin Schöpferin, bin Frau.
Hinter dem Tor ein Garten

Ich kann kaum erwarten

Bis ich die letzten Früchte seh'.

Am kahlen Baum noch rote Beeren, darunter brauner Klee.

In der Luft ein Hauch von Schnee.
Auf der Wiese springen Ziegen fröhlich hin und her.

Leben ist leicht - nicht schwer.
Wege geh'ich gern allein 
im Wind und Regen,
im Sonnenschein.

Gehe meinen Rhythmus
bleibe stehn,
muss mir die Welt ansehn.

Die Fesseln im Kopf, sie reißen entzwei,
egal, was von außen kommt, bin innen doch frei.

Selbstbemächtigung = Leben im Rhythmus

Die Fotos sind in Rodheim entstanden und die Texte in meiner Küche.

Distel Gedicht

Stolz hebst Du den Kopf empor.
Zeigst mir, was einst ich verlor:
Meine Wünsche, meine Sicht – auch wenn es gewaltig sticht.
Du nährst manch‘ Tierchen  gerne – Dornen halten Feinde ferne.

Stolz heb‘ ich den Kopf empor, hole zurück, was ich verlor: Meine Wünsche, meine Sicht. Mit Stacheln zu schützen und Seele zu leben – heilge Pflicht.

Selbstbemächtigung = sich leben

Monika Rauch

Den Berg hoch ins Zauberreich

Kennt Ihr das kleine Land bei Bergen? Ihr braucht nur etwas Mut und Fantasie, wenn Ihr verzaubert werden möchtet.

Gleich am Anfang begrüßte uns der weise Schrat und erklärte mit strenger Mine die Regeln: „Lauft langsam. Öffnet Eure Augen. Fühlt den Wind. Riecht den Duft. Schaut, aber mischt Euch nicht ein. Lasst die anderen ihr Tagwerk tun. Ihr dürft nur den einen Weg gehen – nämlich Euren. Und ganz wichtig: Vertraut! Dann wird Euch Schönes widerfahren.“
Mit klopfenden Herzen gingen wir durch das Tor der schwarzen Dornen. Es raschelte und klapperte und wir hörten genau zu: „Wir sind wehrhafte Beschützer der Felder und Weiden und allem, was da lebt. Seid achtsam mit der Natur!“ Die Knospen wisperten uns zu: „Schaut, wie perfekt wir sind. Wir tragen bereits alles in uns.“ Als Beweis verströmen sie einen milden Duft.
Frische Böen fegten uns zwischen die Beine und trieben uns den Berg hoch. „Ha, ha, versucht mal auf dem Weg zu bleiben!“ Wir lachten zurück und liefen einfach weiter, denn wir waren stärker als der Wind.
Ungeahntes weites Land zeigte seine raue Schöheit. Wir atmeten tief ein und dabei öffnete sich unser Herz.
Oben auf dem Berger Berg empfing uns die kluge Pferdedame Charlotte: „Ihr dürft mich gerne streicheln, das mag ich wirklich sehr. Aber passt auf mein Pony auf, ich komm‘ gerade vom Friseur!“ Erst zaghaft, dann immer mutiger, ließen wir uns auf die Nähe ein. Es war unglaublich: Jede zärtliche Berührung kam doppelt zu uns zurück. Wir verabschiedeten uns von Charlotte und beobachteten, wie fleißige Wichtelmänner die Strohhalme rollten. Die mächtige Strobe weit hinten rief uns zu: „Geht weiter, lasst sie in Ruh‘ ihr Tagwerk tun!“
Die beiden Sträucher standen ganz nah am Weg: „Was meint Ihr, wer wir sind? Das weiß doch jedes Kind. Im Herbst, wenn wir unsre Früchte tragen, könnt Ihr erneut uns fragen. Aber jetzt geht. Es dämmert schon, wie Ihr seht.“

Als wir beim Auto waren, drehten wir uns noch einmal um. Ein sanfter Schleier umhüllte das Land. Und oben blinkte ein Stern: „Behaltet uns in Euren Herzen. Erinnert Euch. Folgt Eurem Weg nun ohne Schmerzen. Besucht uns wieder. Jederzeit. Dann halten wir für Euch die Früchte bereit!“

Fotos und Texte: Monika Rauch

Ganz nah

Foto: Pixabay

Zusammen
sitzen wir heute hier und erzählen wie es damals war.

Tiefe Furcht, alles zu verlieren, krank zu werden, zu sterben, nahm uns jede Freiheit. Und Freude.

Lange Zeit mussten wir mit uns selber klarkommen. Wir hatten so wenig Kontakt. Wir waren traurig und einsam. Wir mussten zuhause bleiben, bei uns.

Viele starben. Viele waren krank. Wir schauten zu und konnten nichts tun.

Wir nahmen es anderen übel, was uns geschah. Wir jammerten und schlugen um uns. Wir suchten die Schuld im außen und kamen nicht weiter. Es war kaum zu ertragen und noch weniger. Die Langeweile fraß uns auf.

Als wir es nicht mehr aushielten, fingen wir an, uns selbst zu sehen. Wir schauten nach unseren Ressourcen und wurden kreativ. Und zufrieden.

Wir erkannten, dass wir uns verloren hatten. Und fanden uns wieder. Wir fingen an, Balaste abzuwerfen und zu vertrauen. Es blieb uns nichts anderes übrig.

Die Welt veränderte sich. Wir waren gezwungen, klarzukommen und nach uns zu schauen.

Die Angst hörte auf. Die Krankheit hatte keine Gewalt über uns.

Nun sitzen wir hier und sind uns ganz nah.